Kulturaspekte
Kultur ist alles was Menschen materiell und ideell erschaffen sowie tun und nutzen – Dinge, Systeme, Verhalten und Denken. Sie wird wird in gesellschaftlichen, organisatorischen, familiären und ähnlichen Gemeinschaften sowie in der Persönlichkeit von Einzelpersonen sichtbar. Durch verschiedene Lebensstile, individuelle Typen und schwer beobachtbare Elemente erfordert die Beschäftigung mit Kultur viel Zeit, Aufwand, Geduld und vor allem eine Struktur zur Beschreibung. Das vorliegende Modell biete wesentliche Elemente zur Beschreibung von Kulturen. Die bewusste Sammlung und der Transfer der Kulturaspekte erleichtert den Zugang zu anderen Kulturen.
Kulturaspekte besteht aus sieben Bereichen: Sprache, Handlungen, Einstellung, Raum, Geschichte, Identität und Erfahrungen.
Sprache
ist ein System von Zeichen, Begriffen und Regeln, die eine Gruppe von Menschen miteinander teilen. Jeder verfügt über mehrere Sprachen, die nebeneinander genutzt werden, z.B. Muttersprache, erlernte Fremdsprachen, Fachsprachen, Dialekt. Die Besonderheiten einer Sprache liefern Indizien für kulturelle Besonderheiten. Ein Beispiel ist das japanische Zeichen für Gedanke (思い), das aus einem Herzen unter einem Reisfeld besteht, wodurch Denken mit Gefühl verbunden wird.
Handlungen
sind sichtbare Aktionen, die typisch sind für eine Gruppe von Menschen. Sie finden sich z.B. in den Bereichen Herrschaft, Recht, Arbeit, Religion und Kunst. Denken kann aus den Handlungen abgeleitet werden. So sprechen beispielsweise naturbezogene Religionen für ein enges Verhältnis zur Natur.
Einstellung
umfasst die Elemente, die häufig mit Kultur gleichgesetzt werden. Dazu gehören Werte, Überzeugungen, Gesetze und Bedeutungen. Sie bilden die Grundlage für mentale Modelle, die das Handeln unterschwellig stark beeinflussen. So setzt eine sogenannte High-Context-Kultur (z.B. Japan) eine langfristige Integration von Menschen in ein Gesellschaftssystem voraus, um Aussagen verstehen zu können, die aus vielen Annahmen bestehen (z.B. der Hinweis auf den Geburtsort einer Person impliziert lokale, spezielle Überzeugungen).
Raum
beschreibt den Umgang mit Orten, Gebieten, Entfernungen und Grenzen für zusammenhängende Regionen – geografisch und abstrakt. Dazu gehören die Raumerfahrung, Funktions- und Lebensräume. Beispiel für die Raumerfahrung ist die Unterscheidung in privaten und öffentlichen Raum und der damit verbundene Umgang. Die Bevorzugung des privaten Raumes weist auf einen Trend zu größerer Distanz zu anderen hin. In Funktionsräumen, wie z.B. einer Wohnung, finden sich eine Vielzahl kultureller Besonderheiten (z.B. Aufteilung, Größe, angemessenes Verhalten). Entsprechend wird die Kultur geprägt (z.B. der Umgang mit historischen Gebäuden).
Geschichte
beschreibt den Umgang mit Aspekten der Zeit, wie z.B. Zeiterfahrung, Meilensteine und Mythen. Zeiterfahrung drückt sich beispielsweise in dem Spruch „Der Weg ist das Ziel" aus. Dieses Sprichwort fokussiert nicht auf Zielerreichung, sondern die kontinuierliche, ‚unendliche‘ Beschäftigung. Für Kulturen, die dieses Denken praktizieren, sind konkrete, genau terminierte Ziele nicht so wichtig.
Identität
ist die Menge der Metaprogramme, die eine Gruppe von Menschen charakterisieren. Dazu gehören beispielsweise Selbstbewusstsein, Selbstwertgefühl und Veränderungsbereitschaft. Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl beschreiben beispielsweise Eindruck, Bewertung und Einordnung des eigenen Ichs. Daraus ergeben sich je nach Kultur unterschiedliche Ansätze der Gruppenarbeit und Diskussionsstile.
Erfahrungen
sind die Summe der erlebten Vorfälle sowie die Summe der gemachten Erfahrungen einer Gruppe von Menschen. Diese werden ausgedrückt in Erzählungen, Riten, Sitten und Gebräuchen. Die Erfahrungen werden selten ausgesprochen, bilden einen gemeinsamen Wissensstand im Rahmen eines Lebensstils und lassen sich von Außenstehenden nur schwer ermitteln. Beispiel sind die chinesischen Sprichwörter, die sogenannten Chengyus, die aus vier Zeichen bestehen (z.B. alter Mann verliert Pferd) und eine lange Erklärung mit einer Moral der Geschichte haben (in diesem Fall: Glück im Unglück).